„Sie haben immer so starke Meinungen,“ sagt meine Therapeutin, „wieso sollte es nicht möglich sein, beides zu haben, Kinder und die Schriftstellerei?“ Hinter ihr hängt ein Bild in aparten Blautönen, eine Materialcollage. Zwei Wellen treffen aufeinander. Die eine Welle krönt ein Spiegel, die andere trägt einen Haufen Schrott mit sich. Offenbar bin ich die Welle mit dem Schrott, und meine Therapeutin die mit dem Spiegel. Noch 47 Minuten, dann muss ich den Großen abholen. In 47 Minuten gehört meine Zeit nicht mehr mir, und ich meine: die nächsten 18 Stunden.  Mein Körper sowieso nicht: Nachdrücklich tritt der Kleine in meine Blase. Zwei Seelen, ach, unter meinem Brustkorb. Ich sage nichts, spare mir den Atem, meine Gedanken sind ein schwarz-weißes Testbild. Meine Therapeutin fügt nach einer Weile hinzu, dass sie selbst nur eine Katze und keine Kinder habe, folglich keine Ahnung. Ach so.

Aber gut. Ich sitze ja hier, weil ich nicht klarkomme. Irgendetwas habe ich noch nicht ganz kapiert oder optimiert oder realisiert. Eine neue Meinung muss her, ich habe da nur was falsch verdrahtet in meinem Kopf. In Wahrheit ist es die beste Startposition für einen angehenden Schriftsteller, eine Gebärmutter und auch Kinder zu haben, vom Partner und einem Haushalt ganz zu schweigen. Der Alltag mit Kindern und die Kunst, das befruchtet sich gegenseitig, das ist eine ideale Kombination, bei der nichts zu kurz kommt, sondern sich gleichsam wunderbar gegenseitig informiert.

Story Question: Wird unsere Heldin zwischen häuslichem Chaos, nörgelndem Säugling, gelangweiltem Vierjährigen, wirtschaftlicher Unsicherheit, nagenden Selbstzweifeln, fehlender Ruhe und perforiertem Schlaf zur Autorin reifen? Welche schriftstellerischen Erkenntnisse gewinnt sie im Lande der Mutterschaft? Oder steckt sie den Kopf in eine Windeltüte und erschießt sich? Keine Sorge, in guten Geschichten geht es immer ums Ganze. Sonst wird es langweilig. Wir werden sehen.