Der Große hat eine Tüte mit alter Weihnachtsdeko aus dem Kindergarten mitgebracht. Er hat ekstatisch posaunt, „Wir machen jetzt Weihnachten!“ Dann hat er sich mit einer Rolle Tesafilm bewaffnet und unsere Wände und Regale auf Hüfthöhe mit räudigen Girlanden und goldenen Plastikminiaturinstrumenten beklebt.

Ich spüre da innere Widerstände. Ästhetische und philosophische. Ich bin agnostisch erzogen worden, das legt man nicht einfach so ab. Jetzt muss ich meinem Sohn erklären, was Engel sind. Außerdem finde ich Plastikfolien, die ein winterliches Fenster imitieren, ziemlich, naja, schlimm. So verkrampft kann man sein.

Natürlich hat der Große Recht. Das muss krachen: Weihnachten, Ostern, Sommer, Herbst, Winter, von mir aus auch Halloween, her mit der Deko. Übrigens ist „Deko“ eines der ersten Wörter, die der Große gelernt hat. Was soll man auch sagen, wenn er fragt, was das sei: Herzen mit Schleifen, blauer Sand in Gläsern und so.

Ich bin also verkrampft wegen Deko, und das völlig unnötig. Kleine Wichtel im Tannengrün erzählen Geschichten, ganz einfach. Genauso ein Kürbis mit Zähnen oder Osterhasen aus Porzellan, die als Eierbecher dienen. Sie sind Fantasien, ebenso wie die Erzählungen von großer Liebe, Mördern und Polizisten, Elfen und Vampiren, die sich so gut verkaufen, sei es im Hardcover oder als HBO-Serie. Das Medium ist im Falle der Deko ein anderes. Man könnte sie magisches Merchandise nennen.

Notabene: Es ist ziemlich egal, ob es sich um eine „reale“ Welt handelt, die sich uns in Deko und Geschichte zeigt, oder eine „fantastische“. Eine gute Figur entführt uns immer eine Welt, die scheinbar so aussieht, als wäre es unsere. Auch die Stadt Köln ist im Tatort immer ein mythischer Raum, in dem ein fiktiver Mörder von einem fiktiven Polizisten aufgespürt wird. Man könnte auch sagen, Köln ist die (reale) Deko für eine künstliche Welt.

Und was soll das? Dekorationen aller Art erinnern uns daran, dass das Leben ein magischer Ort ist, in dem alles aufeinander Bezug nimmt, für einen selbst, aber für alle anderen genauso. Aus Bäumen kann ein Haus werden, aus Mehl Brot, aus einem Fremden ein Geliebter, und aus zwei Menschen drei. Wünsche können wahr werden, ebenso Ängste. Die Welt überwältigt uns, genauso wie jeden anständigen Helden, und wenn man Glück hat, dann tut sie das sanft, großzügig, zauberhaft. Sie zeigt uns Dinge, Menschen und Gestade, an die wir höchstens im Traum gedacht haben.

Als ich am Abend den Großen und den Kleinen ins Bett bringe und nur noch ein schmaler Streifen Licht aus dem Flur ins Zimmer fällt, da funkeln und flimmern die Girlanden am Bücherregal.